Dampfpflug-Lokomotive A. Heucke

 

Beschreibung und Maßblätter der Dampfpfluglokomotive von A. Heucke aus dem Jahr 1910

Es gibt auffällig wenige, detaillierte technische Informationen von einheimischen Dampfselbstfahrern, die als Basis für eine Modellkonstruktion dienen können. Das gilt insbesondere für Maschinen der Dampf-Bodenkultur. Die Originalmaschinen sind nur in wenigen Fällen erhalten geblieben. Voraussetzungen für den Bau eines Modells sind aber Maßaufnahmen dieser Maschinen. Anspruchsvolle Modelle gibt es als geometrisch ähnliche Anschauungsmodelle oder als Funktionsmodelle. Anschauungsmodelle sind die übliche Präsentationshilfe in Museen. Funktionsmodelle machen darüber hinaus die die historische Technik „im Betrieb“ auf anschauliche Weise verständlich.

Die folgenden Darstellungen und Maßblätter beschreiben eine Maschine aus der Kategorie „Dampfpfluglokomotiven“. Unter den Dampfselbstfahrern sind es die größten und eindrucksvollsten Maschinen, die je mit Dampfantrieb gebaut worden sind. Eingesetzt wurden sie im 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts bei umfangreichen und schweren Bodenkulturarbeiten. Bekannt ist das Pflügen mit Dampfpfluglokomotiven beim großflächigen Anbau von Zuckerrüben, Kartoffeln u.ä. in Tiefkultur, d.h. die Pflugtiefen lagen z.T. bei über 30 cm. Die letzten dieser Maschinen waren nach dem 2. Weltkrieg (in Einzelfällen bis in die 70er Jahre) bei der Moorkultivierung im Emsland im Einsatz. Es waren die größten Dampfselbstfahrer die je gebaut worden sind. Die Einzelleistung der Maschinen ging bis fast 500 PS. Bis zu vier Maschinen, zwei auf jeder Seite des zu kultivierenden Moores, zogen dabei einen einscharigen Großpflug. Die größten Pflugtiefen lagen bei fast 2,5 Metern. 

Die hier ausgewählte Maschine der Dampfpflug-Lokomotiven-Fabrik von A. Heucke aus Gatersleben ist typisch für die Kategorie der Dampfpfluglokomotiven. Der Hersteller war einer der führenden jener Zeit, der Dampfpfluglokomotiven für das weit verbreitete „Zweimaschinensystem“ lieferte. Heucke baute Dampfpfluglokomotiven mit Leistungen bis zu 250 PS. Die hier ausgewählte Maschine liegt leistungsmäßig im mittleren Bereich. Technikgeschichtlich stellt sie in den wesentlichen Merkmalen den Endpunkt bei der Entwicklung von Pfluglokomotiven dar. Stichworte dazu: Heißdampf-Verbundmaschine, Überhitzer in der Rauchkammer, patentierte Steuerung (Lenkersteuerung System Heucke-Bremme), wechselbare Winden unterschiedlicher Kapazität u.a.m.

Die Originale der Maschinen sind im Börde-Museum Burg Ummendorf in 39365 Ummendorf zu besichtigen. Die Maßaufnahme wurde vor Ort im Jahr 2004 durchgeführt. Die beiden ausgestellten Pfluglokomotiven sind zwar nicht mehr betriebsfähig aber so weit erhalten, dass die für die Funktion wesentlichen technischen Einzelheiten abgenommen werden konnten. Die Kesselverkleidung war allerdings nicht mehr vorhanden.

Die Darstellungen und Maßblätter können als Basis für den Bau eines Anschauungs- oder Funktionsmodells verwendet werden. Der Maßstab ist natürlich frei wählbar. Eine Umrechnung der Geometrie dürfte für Modellbauer keine Schwierigkeiten bereiten. Die Originalmaschinen sind in ihrer Präsenz schon monumentale technische Denkmale. Die Modelle dürften ähnlich eindrucksvoll sein.

 

Die Dampfpflug-Lokomotiven-Fabrik von A. Heucke

Die Familie von Heucke stammte aus dem Anhaltinischen. Sie ließ sich um 1727 in Hausneindorf (Preußen, Provinz Sachsen) als Freisassen (Bauern mit eigenem Landbesitz, ohne Fronen) nieder. Bis 1865 wurde ausschließlich Landwirtschaft betrieben. 1865 gründete Andreas Heucke (1834 – 1904) eine Lohndrescherei, die neben der Landwirtschaft betrieben wurde. Gearbeitet wurde mit englischen Maschinen. Als Antrieb wurden Lokomobilen eingesetzt. Der Betrieb muss erfolgreich gewesen sein. Der Firmengründer verpachtete einen Teil seiner Ländereien und eröffnete 1870 mit einem englischen Dampfpflug der Fa. Fowler ein Lohnunternehmen zur Durchführung von Pflugarbeiten in Hausneindorf. Der Zeitpunkt war gut gewählt. Der großflächige Anbau von Zuckerrüben in der Börde erforderte Bodenkulturarbeiten in Tiefen von 25cm und mehr, die von Pferde- und auch Ochsengespannen in der kurzen Zeit einer Kampagne wirtschaftlich schwer zu bewältigen waren. Der weitere Weg des Unternehmens ist typisch für viele einheimische Maschinenbauer. Der Betrieb florierte und es wurden weitere Dampfpflüge angeschafft. 1877 waren schon fünf Dampfpflugsätze in Betrieb, 1882 neun. Heucke war damit eines der großen Lohnunternehmen zur Durchführung von Dampfpflugarbeiten im Deutschen Reich. Die Wartung der Maschinen erforderte eine eigene Reparaturwerkstatt. Man begann, Ersatzteile selbst herzustellen. Es folgte eine eigene Gießerei für Buntmetalle und eine Kesselschmiede. Mitte der 80er Jahre besaß Heucke das Know-how, ganze Dampfpfluglokomotiven selbst herstellen zu können. Zuerst wurden Sattdampfmaschinen hergestellt. Sie wurden im Bereich kleinerer Leistungen (bis etwa 30 PS) bis mindestens 1910 gebaut. Die Lohn-Pflügerei wurde weiter betrieben. 1901 wurde die 100. Dampfpfluglokomotive fertig gestellt. Nach dem Tod von Andreas Heucke übernahm 1904 einer seiner Söhne, und zwar Benno Heucke (1868 – 1949), die Firma. Die vier anderen Brüder waren als Miteigentümer eingetragen. Der Betrieb in Hausneindorf war in den Jahren ständig vergrößert worden und kam an seine Grenzen. 1904 begann man im benachbarten Gatersleben ein größeres Werk zu bauen, diesmal mit Gleisanschluss für den Transport der schweren Maschinen.

1907 wurde die Fertigung in der neuen Fabrik in vollem Umfang wieder aufgenommen. Um 1904 wurde auch die Herstellung von modernen Dampfpfluglokomotiven mit Verbundmaschinen und Überhitzer in der Rauchkammer aufgenommen. Die Zweizylinder-Verbundmaschinen (Doppelkurbel) erreichten Maschinenleistungen von über 100 PS. Die Dampfdrücke lagen bei 12 bis 16 at.

Weitere Merkmale der Maschinen von Heucke waren: Verwendung bester Materialien (z.B. Stahlguss anstelle von Grauguss), bei einigen Typen Einsatz von ausziehbaren Röhrenkesseln, innere Steuerung mit entlasteten Kolbenschiebern, patentierte äußere Steuerung „System Heucke-Bremme“, u. a. m. Heucke hat rechtzeitig erkannt, dass das technisch aufwendige und sehr teure Zweimaschinen-System nur wettbewerbsfähig sein konnte, wenn die Pflugleistungen weit über denen der aufkommenden Maschinen mit Verbrennungsmotoren lagen. Die Konkurrenz mit „im direkten Zug“ bewegten Pflügen machte sich spürbar bemerkbar. Pflugarbeit war zweimal im Jahr Saisonarbeit. In kürzester Zeit mussten riesige Flächen bearbeitet werden. Um 1912 wurden von Heucke daher schon Maschinen mit einer Leistung von 250 PS angeboten. 1914 beschäftigte das Unternehmen gut 220 Mitarbeiter. 1928 kam als Weiterentwicklung die neuen „Heißdampf- Pfluglokomotiven Baureihe HL“ auf den Markt. Heucke baute auch Pfluglokomotiven für besondere Anforderungen, beispielsweise für den Betrieb auf Gleisen.

Nach dem ersten Weltkrieg gingen die Produktionszahlen deutlich zurück und Heucke nahm verstärkt wieder Lohnpflugarbeiten auf. Ab 1936 wurden nicht nur Dampfpflüge, sondern auch andere Produkte (z. B. Anhänger) gefertigt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb verstaatlicht. Die letzten 1950 gebauten Dampfpflugsätze gingen als Reparationsleistung an die UDSSR.

Die Fa. A. Heucke baute in ihrer Firmengeschichte insgesamt 830 Dampfpfluglokomotiven.

 

Das Zweimaschinensystem

Beim Zweimaschinensystem wurden zwei Pfluglokomotiven an den Rändern des Feldes auf dem sogenannten Vorgewende aufgestellt. Das Bodenkulturgerät, beispielsweise ein Pflug, wurde von den Maschinen abwechselnd nach links bzw. rechts gezogen. Voraussetzung war, dass das eingesetzte Bodenkulturgerät nach dem Wechselprinzip arbeiten konnte, also in beiden Richtungen. Beim Zweimaschinensystem wurde das technischen Prinzip der Winde genutzt. Die Lage und Anordnung der Winde in der Maschine war am Anfang der Entwicklung sehr unterschiedlich. Horizontal liegende Winden unter dem Kessel setzten sich im Verlauf der Entwicklung durch. Die Anordnung war einfach in der Herstellung und der Angriffspunkt der Zugkraft des Seiles lag so tief, dass ein Kippen der Maschine vermieden wurde. Der einfache Aufbau des Zweimaschinensystems erlaubte nur wenige Varianten. Die drei Elemente Pfluglokomotive, Bodenkulturgerät und wieder Pfluglokomotive legten die Struktur fest. Anfang der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts wurde das Zweimaschinensystem in Deutschland eingeführt. Der stolze Preis für ein komplettes System mit allen Hilfseinrichtungen betrug bis zu 90000 Reichsmark. Ein wirtschaftlicher Einsatz war nur gewährleistet, wenn in den beiden Pflugkampagnen im Frühjahr und im Herbst sehr große Schläge in Tiefkultur und in fast ununterbrochenem Betrieb bearbeitet werden konnten. Als erste Lohnpflugunternehmen in Deutschland gelten, neben Heucke, Pott in Halberstadt und Schottelius in Königslutter. Sie nahmen 1870 den Betrieb auf. Der Einsatz von Dampfpflügen nahm rasch zu. Allein im Raum Magdeburg (die Magdeburger Börde war eines der größten Zuckerrübenanbaugebiete Deutschlands) und in anderen Gebieten waren 1888 über 80 Dampfpflüge registriert.

Arbeitsprinzip: Die Pfluglokomotiven besaßen nur je eine Winde. Sie wurden auf dem Vorgewende zumeist an den Stirnseiten des Feldes gegenüber liegend aufgestellt. Die eine Maschine hatte den Seilauswurf links, die andere rechts. Die Seillängen auf beiden Maschinen waren gleich. Auf jeder Winde lag nur so viel Seil wie es die zu bearbeitende Feldlänge erforderte. Der Pflug, im Allgemeinen ein Kipppflug, wurde zwischen den Seilenden eingehängt. Durch abwechselnden Zug wurde der Pflug hin und her bewegt. Während die eine Maschine zog lief die andere leer. Größere Schläge konnten ohne Unterbrechung durch Umsetzen der Geräte in einem „Zug“ gepflügt werden. Die Bewegung in Richtung Arbeitsfortschritt erfolgt durch schrittweise Verfahren der Pfluglokomotive, die gerade nicht zog. Da es keine Umlenkungen des Seiles gab, lag nur die unmittelbar zum Ziehen des Pfluges benötigte Seilkraft an den Winden an. Ein großer Vorteil bei diesem System. Die Kessel-, Rad- und Achskonstruktionen waren allerdings durch die Seilkräfte hoch belastet. Auch die Winden mussten sehr kräftig gelagert sein. Eine Anpassung an unterschiedliche Feldformen war in gewissen Grenzen durch entsprechendes Verfahren der Maschinen möglich. Zum Betrieb des Zweimaschinensystems in dieser einfachen Form wurden nur benötigt:

  1. zwei Pfluglokomotiven mit je einer Winde,
  2. ein Kipppflug und ggf. andere Geräte zur Bodenbearbeitung nach dem Wechselprinzip,
  3. ggf. einige Seilträger, um bei hügeligem Gelände das Einarbeiten des Seils in den Boden zu verhindern,
  1. ein Mannschaftswagen sowie Hilfsmittel zur Sicherstellung des laufenden Betriebes.

Der gesamte Dampfpflug mit allen Geräten und zusätzlichen Einrichtungen wie Wasserwagen, Kohleanhänger und Wagen zur Unterbringung der Pflugmannschaft konnten von den Pfluglokomotiven zum Einsatzort gefahren werden. Gespanne für den Transport waren nicht erforderlich. Das war ein weiterer Vorteil des Systems. Vor Arbeitsaufnahme wurde eine Pfluglokomotive am Feldanfang auf dem Vorgewende aufgestellt. Die andere fuhr beispielsweise mit angehängtem Pflug zur gegenüber liegenden Feldseite. Der Pflug wurde an einer Feldseite in Stellung gebracht und die beiden Windenseile angeschlossen. Die üblichen Seillängen auf den Winden lagen zwischen 350 und max. 600 Metern.  Von der Lokomotive, von der das Seil abgewickelt war, konnte sofort mit der Arbeit begonnen werde. Die Winde wurde eingerückt und durch das Aufwinden des Seiles wurde der Pflug zur Maschine gezogen. Im Eingriff war dabei beispielsweise die Seite des Pfluges mit den rechtswendenden Scharen. Von der Winde der zweiten Pfluglokomotive lief das Seil leer ab. Damit dies nicht unkontrolliert geschah, besaß die Winde eine einfache Bremsvorrichtung, die eine gewisse Spannung im ablaufenden Seil hielt. Bei laufender Arbeit konnte die Maschine mit der auswerfenden Winde schon ihre Position für die nächste Zugphase einnehmen. Sie rückte um die Arbeitsbreite des Pfluges vor. Wenn der Pflug die ziehende Maschine erreicht hatte, wurde er mit Maschinenkraft um eine Arbeitsbreite versetzt, der andere Pflugkörpersatz, beispielsweise mit den linkswendenden Scharen, wurde herabgezogen und die Maschine an der gegenüberliegenden Feldseite begann ihre Zugarbeit. Dieser Ablauf wiederholte sich. Die Informationen zum Maschineneinsatz wurden bei den großen Entfernungen meist durch vereinbarte Signale der Dampfpfeife gegeben. Eine Pflugmannschaft bestand üblicherweise aus:     –   2 bis 4 Personen auf den beiden Maschinen (davon meist einer als Pflumeister),

–   1 bis 2 Personen am Pflug (beispielsweise ein Pflugmann zur Steuerung auf dem Pflug und ein Mann zum Balancieren am Ende des Pfluges (Schwanzmann),

–   ggf. 1 bis 2 Personen für das Versetzen der Seilträger auf dem Acker und natürlich

–   Hilfsmannschaften z.B. eine Person als Koch sowie Arbeitskräfte zur Versorgung der Maschinen mit Kohlen und Wasser.

Die vielen Vorteile dieses einfachen Zweimaschinensystems sprachen für sich. Die wenigen Geräte des Systems konnten durch mit eigener Kraft an den Einsatzort gebracht werden. Durch die auf dem Vorgewende frei beweglichen Pfluglokomotiven war eine gewisse Flexibilität gegeben. Auch unregelmäßige Feldformen konnten bearbeitet werden. Das Zweimaschinensystem eignete sich gut für schwere Pflugarbeiten. Bei entsprechender Leistung der Pfluglokomotiven wurden Arbeitstiefen von 35 (bis 40) Zentimeter erreicht. Bei normalen Arbeitstiefen von etwa 25 Zentimetern konnten mit großen Kipppflügen (sechsscharige Pflüge waren üblich, bei leichten Schälarbeiten auch bis zehnscharig) beachtliche Arbeitsleistungen erzielt werden. Tagesleistungen von 20 bis 40 Morgen waren um 1900 keine Seltenheit. Die durchschnittlichen Arbeitskosten einschließlich Abschreibung, Zinsen, anteiligen Reparaturkosten usw. betrugen 8 bis 10 Mark je Morgen. Der wirtschaftliche Einsatz des Zweimaschinensystems setzte eine hinreichende Größe der Schläge voraus. Die untere Grenze war etwa 30 Morgen. Nachteilig war beim Zweimaschinensystem in dieser einfachen Ausführung, dass nur immer eine Maschine „in der Arbeit“ war. Die zweite lief leer. Auch wenn diese Zeit mit Vorfahren, Nachspeisen, Schmieren und weiteren Arbeiten genutzt wurde, der grundsätzliche Nachteil blieb. Auf die hohen Anlagenkosten durch die beiden Pfluglokomotiven wurde schon hingewiesen. Ein kleiner Nachteil bleibt noch nachzutragen. Die Vorgewende bei diesem System mussten durch die beiden Pfluglokomotiven und die Länge des Kipppfluges recht groß sein. Eine Breite von 6 bis 10 Metern war keine Seltenheit. Zwar konnten große Kipppflüge mit der herausgehobenen Seite sehr nahe an die Pfluglokomotive herangefahren werden, aber es war viel Platz zum Manövrieren und Versetzen des Pfluges erforderlich. Wenn diese Fläche als Ackerfläche genutzt werden sollte, musste mit Gespannen nachgepflügt werden.

Die Pflugmannschaften arbeiteten häufig ununterbrochen den gesamten Tag. Üblich war Akkordarbeit nach Tagesleistung. Die Mahlzeiten wurden nach Möglichkeit auf den Maschinen eingenommen. Bei Bedarf arbeitete man auch nachts. Die Pflugmannschaft wohnte in dieser Zeit, bei großen Arbeiten konnten das Wochen sein, in unmittelbarer Nähe zur Arbeit in einem entsprechenden Mannschaftswagen mit Schlafplätzen und Kochstelle.

Maßblätter der Dampfpfluglokomotive von A. Heucke

 

Die Tafeln 1 und 2 zeigen die Dampfpfluglokomotive mittlerer Leistung aus dem Jahr 1910. Ähnliche Maschinen wurden von Heucke ab etwa 1904 in kleinen Stückzahlen gebaut. Geringe Unterschiede in einigen konstruktiven Details bei dieser Baugröße sind typisch für die Einzelherstellung dieser Maschinen. Fast jede Maschine war ein Unikat. Die Dauerleistung lag bei etwa 80 PS. Kurzfristig konnten die Maschine bis zu 150 PS leisten. Die Pfluglokomotive wog 18 Tonnen. Bei der Maschine handelt es sich um eine moderne Konstruktion mit einer Zweizylinder-Verbund-Dampfmaschine. Ein Überhitzer war in der großen Rauchkammer untergebracht. Die Angaben in den nachfolgenden Zeichnungen sowie die Hauptdaten der einzelnen Getriebeteile wurden bei der Maßaufnahme im Jahr 2004 abgenommen.

In der Tafel 1 ist die Seitenansicht der Maschine dargestellt. Die Tafel 2 zeigt die Maschine links in der Rückansicht und rechts in der Ansicht von vorne. Die Hauptmaße sind in den Zeichnungen eingetragen.

Das Antriebs- und Getriebeschema der Pfluglokomotive ist in der Tafel 3 wiedergegeben. Die Übersetzungsverhältnisse und die prinzipiellen Anordnungen der Getrieberäder sind in schematischer Form dargestellt. Die Größenverhältnisse und Achsabstände können mit Hilfe der eingetragenen Zähnezahlen der Zahnräder und der Module leicht berechnet werden. Die Lokomotive besaß zwei Fahrgeschwindigkeiten. Der Antrieb für die Winde über ein Kegelradgetriebe direkt von der Kurbelwelle war eine übliche Konstruktion. Der Windenantrieb konnte über eine Klauenkupplung vom Fahrerstand ein- und ausgerückt werden.

Einige technische Details der Maschine von Heucke sollen noch ergänzt werden. In der Zeichnung Tafel 4 ist ein Schnitt durch den Antrieb der Winde dargestellt. Die gesamte Konstruktion ist sehr robust gehalten und für den rauen Betrieb in der Landwirtschaft ausgelegt. Bis auf die „Passungen“ und Lagersitze der Wellen sind alle Funktionsflächen einfache Gussflächen. Auch alle Zahnräder. Das war eine übliche Technik. Man verstand es, insbesondere großen und schwierigen Teilen recht genau zu gießen. Zur Herstellung von gegossenen Zahnrädern gab es spezielle Formmaschinen und auch spezialisierte Gießereien. Der linke Lagerstuhl war ein schwieriges Gussteil. Er beinhaltete die Lagerung der Kurbelwelle und die der senkrechten Welle für den Windenantrieb. Die jeweiligen Lager waren zweiteilig. Die Deckel waren geschraubt.

Die Zeichnung Tafel 5 zeigt die Winde der Maschine von Heucke. Der Träger des Lagerzapfens war direkt mit dem Langkessel vernietet. Der Lagerzapfen mit Flansch wurde mit zehn Bolzen an den Träger geschraubt. Im Bedarfsfall konnte die gesamte Winde rasch gewechselt werden und die Windentrommeln an die unterschiedlichsten Anforderungen angepasst werden. Von Fall zu Fall unterschiedlich waren im Allgemeinen die Seillängen auf den Winden. Bei feststehendem Seildurchmesser wurde die Kapazität der Winde (Seillänge) vom Windendurchmesser und die Höhe der Windentrommel begrenzt. Heucke verwendete bei der Windentrommel eine sehr flexible dreiteilige Konstruktion. Der mittlere Träger war immer gleich. Auf diesen Träger konnten Windentrommeln mit unterschiedlichen Kapazitäten (Durchmessern, Höhen) aufgesetzt werden. Von unten wurde dann eine ringförmige Platte gegen gesetzt. Die drei Teile wurden dann verschraubt.

Wenn beim Zweimaschinenbetrieb eine Pfluglokomotive nicht arbeitete, musste deren Seilauswurf gebremst werden. Die Windentrommeln besaßen daher im oberen Bereich eine entsprechende Einrichtung. Eine Bandbremse verhinderte ein unkontrolliertes Ablaufen. Als Reibbelag diente eine Schicht aus Holz. Für die Lebensdauer des Seiles war ein genaues Aufwickeln des unter Last liegenden Teils entscheidend. Besonders unbeabsichtigte Kreuzlagen führten zu starken Druck- und Knickstellen, die die Haltbarkeit verringerten. Zur Seilführung hatten die Winden Mechanismen, die das Seil beim Aufwickeln genauen führten. Je Windenumdrehung wurde das Seil um einen Seildurchmesser nach oben oder unten geführt. Heucke verwendete bei seinen Winden einen Führungskopf mit vier Führungsrollen mit vertikalen Achsen (und lichtem Abstand der Rollenpaare entsprechend dem jeweiligen Seildurchmessers) sowie zwei Seilrollen mit horizontalen Achsen. Der Kopf ist in der Seitenansicht der Zeichnung links zu sehen. Er war um die Windenachse schwenkbar und wurde beim Betrieb seitlich ausgestellt. Wegen seiner immer auf- und abwärts gehenden Bewegung bezeichnete man ihn umgangssprachlich auch als „Affenkopf“. Die vertikale Führungsbewegung wurde über eine lange Schwinge und ein Kurvengetriebe erreicht. Ein Führungsstift griff von außen in eine entsprechende Kurvenbahn ein. Die Drehzahl der Winde wurde über ein Trochoidengetriebe oder ein Planetengetriebe reduziert. Die Untersetzung war von der gewählten Trommelhöhe abhängig.

Die prinzipielle Ausführung des Kessels der Heucke Pfluglokomotive ist in der Tafel 6 wiedergegeben. Die Konstruktion entspricht der von üblichen „Lokomotivkesseln“. Die aufgesattelten Antriebsaggregate waren Verbundmaschinen. In der Skizze ist deutlich der bis weit in den Langkessel hineinreichende große Überhitzer zu sehen. Die Überhitzerschleife lag in der Rauchkammer.

Eine Besonderheit bei den Pfluglokomotiven von Heucke war der Mechanismus der Schiebersteuerung der Dampfmaschine. Die bei vielen englischen Fabrikaten verwendete Steuerung von Stephenson mit ihren Doppelexzentern je Zylinder und komplizierten Schwingen war vielen Herstellern zu kompliziert und zu teuer. Bei den Maschinen von Heucke verwendete man eine Steuerung eigener Konstruktion, und zwar eine patentierte Lenkersteuerung der Bauart Heucke-Bremme. Bei ihr wurde nur ein Exzenter je Zylinder verwendet. Charakteristisch war die Verwendung eines großen über der Kurbelwelle liegenden Winkelhebels, mit dessen Hilfe sowohl die Nullposition des Schiebers für die Vorwärts- bzw. Rückwärtsbewegung als auch die unterschiedlichen Füllungen beeinflusst werden konnten. Der Winkelhebel war ein kompliziertes räumliches Teil. Seine Gestalt berücksichtigt nicht nur den 90º-Versatz der beiden Kurbelwangen und ihrer zugeordneten Exzenter, sondern auch eine Vielzahl von geometrischen Restriktionen aus der Maschinenkonstruktion. Der Hebel musste beispielsweise im oberen Teil gegabelt sein um den nötigen Freigang für die Betätigungsstange für Vorwärtsfahrt zu gewährleisten. Im der Tafel 7 ist das kinematische Schema dargestellt. Oben für die Vorwärtsfahrt, unten für die Rückwärtsfahrt.