Der Dampf-Lastwagen von Hermann Michaelis

Modellbeschreibung

Beschreibung des Modells des Dampf-Lastwagens von Hermann Michaelis aus dem Jahr 1880

Die Maschinenfabrik und Eisengießerei von Hermann Michaelis aus Chemnitz ist schon bei der Erläuterung des Modells des Dampfbusses aus dem Jahr 1887 erwähnt worden. Michaelis war einer der Pioniere im Nutzfahrzeugbau in Deutschland. Seine Lastkraftwagen, er nannte sie noch Dampf-Frachtwagen, fuhren ab etwa 1877 in Chemnitz und Umgebung. Es sind nach derzeitigem Kenntnisstand die ersten modernen Lastkraftwagen gewesen, die in Deutschland gebaut worden sind. Modern heißt: im Fahrzeug integrierte und durchgehende Ladefläche, hohe Nutzlast, kompakter Antrieb, Bedienung durch eine Person. Insgesamt wurden von Michaelis von 1877 bis etwa Ende der 1880er Jahre zwölf Frachtwagen gebaut. Jeder war eine Weiterentwicklung des Vorgängers. Seit 1880 bot Michaelis zwei Baureihen von Frachtwagen an, zum einen Wagen für gewöhnliche Straßen und zum anderen Fahrzeuge mit „Kraftmultiplikatoren“. Der Nutzlastbereich ging von 0,5 bis 12 Tonnen. Alle Fahrzeuge des Herstellers hatten einen direkten Antrieb über zwei außenliegende Zylinder. Angetrieben wurde die hintere Achse, die vordere war Lenkachse. Michaelis hatte früh erkannt, dass mit nur einer Fahrgeschwindigkeit die Wagen in schwierigen Passagen an ihre Grenzen kamen. Er setzte daher einen patentierten „Kraftmultiplikator“ ein, der eine Untersetzung erlaubte. Es gab zwei unterschiedliche Ausführungen dieses „Getriebes“. Sie waren nicht schaltbar. Zum Wechsel der Geschwindigkeit mussten sie im Stillstand umgebaut werden.

Leider waren bis dato, außer den Patentskizzen, keine Darstellungen von den Frachtwagen bekannt. Da die Patentskizzen sehr detailliert sind kann davon ausgegangen werden, dass am Anfang der Entwicklung die Technik der Frachtwagen denen der Darstellung im Patent entsprochen hat. Nach den vorliegenden Informationen sind die ersten fünf Fahrzeuge, von 1877 bis 1880, wahrscheinlich in diesem Stand gebaut worden.

Durch Zufall wurde in einer zeitnahen Quelle die Skizze eines Frachtwagens gefunden, die nachweislich nach einer Fotografie angefertigt worden ist. Einige Hauptdaten werden in der Quelle ebenfalls genannt. Der Wagen wurde 1880 gebaut. Diese Ausführung weist deutlich von der der ersten Frachtwagen ab. Michaelis hatte bei diesem Wagen einen anderen Dampfkessel eingesetzt und einen „Kraftmultiplikator“ nach seinem neuesten Patent. Die Hauptdaten des Wagens in Stichworten sind: Länge 6,75 m, Breite 2,2 m, Eigengewicht 6 to, Nutzlast 10 to, Fahrgeschwindigkeit (ohne „Kraftmultiplikator“) 8,5 km/h, direkter Antrieb der hinteren Achse durch zwei außenliegende Zylinder (wie beim Dampfbus), Allen-Steuerung, Kraftmultiplikator nach neuestem Patent (No. 13554), beide Achsen gefedert, Rauchrohrkessel mit vorgesetztem zylindrischem Stehkessel, Fahrerplatz rechts vorne neben dem Rauchrohrkessel. Mit dem „Kraftmultiplikator“ konnten folgende Funktionen realisiert werden: die hintere Achse konnte „im Leerlauf“ drehen (z.B. zum Nachspeisen im Stillstand), beide Triebräder konnten mit der Drehzahl der Kurbel angetrieben werden (normale Fahrt auf befestigter Straße), beide Triebräder konnten mit Untersetzung angetrieben werden (langsame Fahrt in schwerem Gelände, Bergfahrt), jeweils nur ein Triebrad wurde angetrieben, die Räder waren blockiert (Bergbremse). Mit diesen immer noch unvollständigen Informationen wurde eine Rekonstruktion des Frachtwagens versucht. Überraschenderweise zeigte sich beim Entwurfsprozess mit zunehmender Konkretisierung, dass trotz der vielen fehlenden Detailinformationen der Spielraum für die Auslegung sehr eng wurde. Das bedeutet, dass die Rekonstruktion der Ausführung des Originalfahrzeugs sehr nahe gekommen sein dürfte. Nachzutragen bleibt noch, dass der Frachtwagen von Michaelis deutlich größer war als die später gebauten Lastwagen mit Verbrennungsmotoren. Der Wagen von Michaelis war 6,75 m lang. Die Länge von vergleichbaren Lastwagen mit Verbrennungsmotor lag bei etwa 5, 2 m.

 

Modelldaten

Modellmaßstab:                                 1 : 6

Modellaufbau:                                   nicht modular, beliebig

Größe des Modells:                          Länge ca.1110 mm, Breite 380 mm, Höhe 480 mm

Gewicht:                                            ca. 240 N (ohne Kessel)

Kessel:                                                liegender Rauchrohrkessel mit vorgesetztem zylindrischem Stehkessel mit zylindrischer Feuerbüchse
(nicht gebaut)

Feuerung:                                           Gas (nicht gebaut)

Kesseldruck:                                      max. 4 bar

Dampfmaschine:                              zwei außenliegende Zylinder, direkter Antrieb der hinteren Achse, Allen-Steuerung

Getriebe:                                            „Kraftmultiplikator“ nach dem Patent No. 13554 vom 6. März 1880

Modellbilder

Modellzeichnungen